Kunst und Heilung: Bestimmungskriterien für heilsame Kunst im therapeutischen Kontext.
Im Jahr 2001 habe ich mich schon einmal mit dem Verhältnis von freier und therapeutischer Kunst beschäftigt. Einer meiner Schlüsse damals war, dass uns Kunst in der Realität hält, uns zeigt, dass wir sowohl einen Körper als auch eine Seele haben. Nun entwickle ich diesen Gedanken weiter und bestimme Leitkriterien für eine Kunst, die im therapeutischen Kontext heilsam wirken kann, eine Kunst, die die Schulmedizin um das ergänzt, was dieser leider oft fehlt: eine ganzheitliche Sicht auf den Menschen.
1 Vorwort
"I was confused about health as a child. My parents had to ask a stranger if I was healthy.
I was confused about health because the stranger said I was healthy and then gave me an injection.
No one ever asked me if I felt healthy."(1)
Im vorgenannten Zitat prallen zwei Welten aufeinander: Wer bestimmt eigentlich, wann Gesundheit erreicht ist? Der Schulmediziner? Der Betroffene?
Je nach Standpunkt ergeben sich unterschiedliche Perspektiven auf Gesundheit und Heilung. Ist Gesundheit ein objektiv messbares oder eher ein subjektiv empfundenes Geschehen? Und wie lässt sich Heilung erreichen? Ausschließlich über den empirisch fundierten, heroischen Weg westlicher Schulmedizin? Oder vielleicht doch auch in Form von intersubjektiver Kommunikation, beispielsweise im Rahmen eines begleiteten, künstlerischen Prozesses?
Kunst hat längst Eingang gefunden in den Medizinbetrieb, aber ihre aktuelle Position ist am ehesten mit der einer Magd zu vergleichen, die ihrer Herrin die Schleppe trägt.
Natürlich ist es reizvoll, Stärken und Schwächen der verschiedenen Ansätze abzuwägen und am Ende einen Sieger zu küren. Aber das Thema Heilung ist anders gelagert und ein intellektueller Schlagabtausch verbietet sich schon deswegen, weil es hier um das Wohl und Wehe von Menschen geht. Und so soll in der vorliegenden Arbeit auch nicht erörtert werden, welcher Zugang zu Gesundheit nun der richtigere ist. sondern vielmehr, wie sich Defizite unterschiedlicher Ansätze ausgleichen und ihre Stärken kombinieren lassen – auf dass sich Kunst und Medizin zum Wohle des Menschen die Hände reichen.
2 Das gängige Paradigma: Schulmedizin
Unzweifelhaft verdanken wir den Errungenschaften der Schulmedizin viel. Und jeden Tag vergrößert sich unser medizinisches Wissen, können neue Krankheiten diagnostiziert, behandelt und geheilt werden. Zugleich bleibt die Anzahl kranker Menschen erschreckend hoch. Warum ist das so? Was fehlt in unserem schulmedizinischen Konzept von Krankheit, Gesundheit und Heilung? Was ist Heilung überhaupt?
2.1 Worüber sprechen wir überhaupt? Gesundheit, Krankheit und Heilung
Beginnen wir diese Untersuchung so, wie Philosophen das für gewöhnlich tun: indem wir die Begriffe, die wir diskutieren wollen, klar fassen. Was also ist genau unter Gesundheit und Krankheit, was unter Heilung zu verstehen?
Gesundheit und Krankheit sind vielschichtige Begriffe. Das eine lediglich als die Abwesenheit des anderen zu sehen, greift zu kurz. Dieser Umstand zeigt sich schon in den z. T. sehr unterschiedlichen Begriffsdefinitionen der verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen, die ihn jeweils bereichsspezifisch festlegen und dabei enger oder weiter fassen. Gesundheit kann beispielsweise das körperliche und geistige Wohlbefinden eines Menschen in seiner Gesamtheit umfassen oder lediglich die Funktions- und Leistungsfähigkeit eines einzelnen physischen und psychischen Systems beschreiben. Auch das subjektive Erleben von Gesundheit variiert stark und objektiv messbares und subjektiv erlebtes Geschehen können stark voneinander abweichen.(2) (3)
2.2 Die schulmedizinische Perspektive
Unsere moderne westliche Medizin ist in hohem Maße von einem mechanisch-physikalischen Blick auf das Lebendige geprägt: "eine ganz atomistische Betrachtung, [.] eine Betrachtung kleinster einzelner Teile"(4), die ihren Ursprung in den Entdeckungen Virchows hat(5) und aktuell in der starken Betonung molekularbiologischer und genetischer Forschung(6) ihren Niederschlag findet.
Damit ist die Blickrichtung des westlich geschulten Mediziners klar: Sie ist auf die mechanisch-physikalische Perspektive begrenzt und damit einerseits somatisch, also auf den Körper bezogen, zugleich aber auch kausal-analytisch geprägt.(7) Der Schulmediziner fragt nach den empirisch nachweisbaren Ursachen von Krankheit, die sich durch materiell nachweisbare Befunde an Organen, im Blut etc. zeigen.
"Die Diagnose zielt darauf ab, krankhafte Veränderungen und deren Ursachen festzustellen und solche Ursachen nach Möglichkeit zu beseitigen oder auszugleichen. Gelingt dies, bevor der Körper des Patienten bleibend und irreversibel geschädigt wurde, so spricht man von Heilung."(8)
Der Begriff Heilung bezeichnet in der Schulmedizin also körperliche Wiederherstellung, das Wiedererlangen des Zustandes vor der Erkrankung, der durch Pathogene oder Verletzung beeinträchtigt war. In einer Nebenbedeutung bedeutet Heilung außerdem die Überwindung einer Versehrtheit, das Wiederherstellen von Funktionalität, gemessen an einem Norm- bzw. Idealzustand.(9)
2.3 Grenzen der schulmedizinischen Betrachtungsweise
In streng schulmedizinischer Betrachtungsweise setzt Heilung also Kenntnis eines wissenschaftlichen Regelwerks voraus, einschließlich des darin festgelegten Normzustandes, und verlangt Anwendung der durch sie sanktionierten Methoden(10). Dieser Ansatz ist jedoch in mehrfacher Hinsicht problematisch. So lässt er beispielsweise andere, nicht physikalisch-kausale Ursachen im Krankheitsgeschehen außer Acht und geht von der fragwürdigen Annahme eines homogenen Substrats aus, also der vollkommenen Gleichartigkeit von Organen etc., die faktisch jedoch nicht gegeben ist.(11) Die Schwierigkeiten, die bei der Beurteilung von Arzneimittel- und Therapiewirkungen existieren(12) (13), untermauern diese Kritik, ebenso das Heer an mit herkömmlichen Mitteln untherapierbaren bzw. austherapierten, faktisch aber leidenden Patienten. Weizsäckers Definition für das Vorhandensein von Krankheit – nämlich dass der Arzt dieses Kranksein anerkennt(14) – ist symptomatisch für den gegenwärtigen Umgang mit den Auswirkungen einer defizitären medizinischen Theorie, die "große Gruppen von Patienten als Simulanten hinstellt"(15).(16) Darüber hinaus basiert der schulmedizinische Ansatz auf einem unvollständigen Menschenbild, das den Menschen auf körperliche Funktionen reduziert und ihn seiner Individualität beraubt.(17) Dass der Mensch jedoch sehr wohl ein Eigenleben hat, das sich dem schulmedizinischen Zugriff entzieht, wird auf störende Weise beispielsweise in mangelhafter Compliance(18) und einem die schulmedizinische Behandlung sabotierenden Patienten(19) deutlich.
2.4 Exkurs: to heal vs. to cure
Vielleicht zeigt sich an dieser Stelle auch eine Unschärfe der deutschen Sprache: Das deutsche transitiv und intransitiv zu gebrauchende Verb heilen kann auf zweierlei Weise ins Englische übertragen werden, als transitives to cure, was in etwa den Prozess beschreibt, in dem die Schulmedizin objektivierbare Erkrankungen beseitigt; aber auch als sowohl transitiv wie intransitiv zu gebrauchendes to heal. Letzteres, to heal im intransitiven Sinne, betrifft dann den ganzen Menschen und seinen Wunsch nach Wiederganzwerdung.(20)
2.5 Fazit
Die Errungenschaften einer wissenschaftlich betriebenen Medizin sind unbestreitbar. Zugleich existieren jedoch Anomalien(21), die sich im Rahmen der gängigen schulmedizinischen Theorie weder erklären noch zufriedenstellend beheben lassen. Streng genommen steht auch das gesamte Theoriegebäude toter Materie(22) längst in Frage, denn die radikalen Änderungen, die sich durch die Quantentheorie in der Grundlagendisziplin Physik ergaben, fanden in der Schulmedizin bisher wenig Beachtung.(23)
3 Perspektivwechsel: Salutogenese
Die Weltgesundheitsorganisation definiert Gesundheit heute als "a state of complete physical, mental and social well-being and not merely the absence of disease or infirmity"(24) und schließt damit die soziale Dimension von Gesundheit explizit mit ein. In eine ähnliche Richtung geht Antonovskys Konzept der Salutogenese, das Gesundheit und Krankheit als Kontinuum begreift und dabei neben körperlichen und psychischen Aspekten auch soziale und ökologische Dimensionen berücksichtigt.(25)
3.1 Was macht uns gesund?
Antonovskys Konzept ist auch deswegen interessant, weil es einen Gegensatz zur schulmedizinischen Sichtweise darstellt und aus einer völlig anderen Richtung auf das Geschehen blickt: Während der wissenschaftlich geschulte Mediziner nach pathogenen, also krankheitsauslösenden Faktoren sucht, fokussiert sich Antonovskys Suche auf Faktoren, die Gesundheit befördern. Während der Mediziner nach dem Stressor sucht und bemüht ist, diesen zu isolieren und eliminieren, möchte der salutogenetische Ansatz eben jene Faktoren stärken, die Gesundheit befördern – zu denen auch der Stressor gehören kann, dem Antonovsky nicht nur destruktive, sondern (auch) fördernde, aktivierende Einflüsse zuschreibt.
"'Die Fähigkeit, Kontrolle über den Stressor auszuüben, verhinderte somit vollständig die Immunsuppression', schreiben die Autoren richtig[(26)]. Dieses meines Erachtens höchst aufregende Ergebnis wird in der Diskussion nicht berücksichtigt. Offensichtlich kann ein Schock als Stressor einen gesunden Einfluß auf einen Organismus haben, vorausgesetzt man kann ihm entfliehen. Bedenkt man allerdings lediglich die pathogenen Folgen, so entgeht einem die durch diesen Befund erschlossene Perspektive."(27)
3.2 Kohärenzgefühl
Antonovsky sieht im Kohärenzgefühl die "Hauptdeterminante sowohl dafür[.], welche Position man auf dem Gesundheits-Krankheits-Kontinuum erhält, als auch dafür, daß man sich in Richtung des gesunden Pols bewegt"(28). Für das Kohärenzgefühl selbst – "eine globale Orientierung, die ausdrückt, in welchem Ausmaß man ein durchdringendes, andauerndes und dennoch dynamisches Gefühl des Vertrauens hat"(29) – machte er drei Komponenten aus: Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Bedeutsamkeit. Diese drei Determinanten definierte er wiederum wie folgt:
Verstehbarkeit "bezieht sich auf das Ausmaß, in welchem man interne und externe Stimuli als kognitiv sinnhaft wahrnimmt, als geordnete, konsistente, strukturierte und klare Information"(30).
Handhabbarkeit wird definiert "als das Ausmaß, in dem man wahrnimmt, daß man geeignete Ressourcen zur Verfügung hat, um den Anforderungen zu begegnen, die von den Stimuli, mit denen man konfrontiert wird, ausgehen"(31), wobei diese Ressourcen auch durch Dritte zur Verfügung gestellt sein können.(32)
Bedeutsamkeit stellt das motivationale Element dar. Es verweist darauf, "wie wichtig es ist, 'als Teilnehmer in die Prozesse, die das eigene Schicksal und die alltägliche Erfahrung bilden', involviert zu sein."(33)
Eine überraschende Feststellung, die Antonovsky im Rahmen seiner Forschung macht, ist die Tatsache, dass es ausreicht, wenn sich das Kohärenzgefühl einer Person auf einen für sie subjektiv bedeutsamen Lebensbereich beschränkt – egal wie wenig repräsentativ dieser angesichts der Gesamtheit der Welt auch sein mag – um positive salutogenetische Effekte zu erzielen.(34)
3.3 Fazit
Wenn uns beim Bemühen um Heilung die Sichtweise der Schulmedizin mit ihrem "Was macht uns krank?" angesichts der im vorangegangenen Kapitel genannten Argumente nicht vollkommen zufriedenstellen kann, stellt Antonovskys Forschungsfrage "Was macht uns gesund?" einen inspirierenden Perspektivwechsel dar, der es sogar möglich macht, den Tod mit einzubeziehen(35). Anders als alternativmedizinische Heilsysteme stellt das salutogenetische Paradigma ferner keine direkt mit der Schulmedizin konkurrierende Theorie dar, gegen die diese sich reflexartig abgrenzen muss(36). Ein kooperierendes Nebeneinander scheint möglich.
Dennoch lässt es auch Fragen offen: "Eine salutogenenetische Orientierung macht keine Vorschläge für ein gutes Leben im moralischen Sinne"(37). Welche Art von gutem/gesundem Leben wollen wir anstreben? Und wer definiert, was gut/gesund ist?
4 Kunst im therapeutischen Kontext: heilsame Kunst
Wonach suchen wir, wenn wir nach einem Verfahren fragen, das die schulmedizinische Behandlung auf ideale Weise ergänzt? Pointiert formuliert könnte man sagen: nach einer Magd, die ihre Herrin nicht unter Konkurrenzdruck setzt und sich zugleich selbstbewusst den Scheindiskussionen darüber entzieht, ob sie nun die Schleppe hinterher oder die Kerze voraus trägt. Einer Magd, die bei Bedarf beides kann: mit ihrem Kerzenschein der Schulmedizin Defizite und blinde Flecke aufzeigen und diese Defizite – zum Wohle des Patienten – kommentarlos kompensieren.
Sie müsste außerhalb des Medizinsystems stehen, ihren Platz seit langer Zeit gefunden haben, den Menschen vertraut sein.
Kunst.
Im nachfolgenden Abschnitt soll diskutiert werden, welche Bestimmungskriterien es für heilsame Kunst in einem therapeutischen Kontext geben könnte.
4.1 Heilung für den ganzen Menschen: Intransitivität
Wir haben weiter oben gesehen, dass das deutsche Verb heilen sowohl transitiv als auch intransitiv zu gebrauchen ist und dass die transitive Verwendung – der in der englischen Sprache to cure entspricht – die Domäne schulmedizinischen Handelns ist. Eines der viel beklagten Defizite der Schulmedizin ist, dass sie, indem sie den Menschen in einzelne, unabhängig voneinander behandelbare Objekte aufspaltet, darüber den ganzen Menschen aus dem Blick verliert. To cure erfordert jedoch ein Objekt, der ganze Mensch ist für die Schulmedizin weder fass- noch behandelbar.
Aus diesen Überlegungen ergibt sich Intransitivät als Bestimmungskriterium für die heilsame Kunst, nach der wir suchen. Was bedeutet das aber nun konkret?
4.1.1 Der Zeichen setzende Mensch
Der Mensch ist ein Zeichen verstehendes Wesen(38), aber er ist mehr als das: Der Mensch ist ein Laut gebendes, Zeichen setzendes Wesen, ein Wesen, das sich selbst, seinem Selbst, dessen es sich bewusst ist, im Zeichen Ausdruck verleiht.
Nun kann sich dieses Zeichen, das der Mensch setzt, an ein Du richten – oder auch nicht. Tut er ersteres und wendet sich mit seiner Äußerung an ein Gegenüber, beispielsweise einen Arzt, dann geschieht dies in der Absicht, dass dieser auf das Zeichen reagiert. Und die Reaktion des Gegenübers wird umso befriedigender für den sich Äußernden sein, je besser das Du sein Zeichen versteht, je mehr er sich also in seinem Zeichen auf die Bedürfnisse und Erwartungen seines Gegenübers eingestimmt hat.
Unweigerlich verändert sich so das Zeichen: Seine Bestimmung wandert weg von dem, der es setzt, und hin zu dem, für den es bestimmt ist.
4.1.2 Der unerhörte Mensch
Der leidende Mensch drückt sich also im Zeichen aus: im Klagen, in Schmerzensschreien. Sein Ausdruck hat die Intention: "Hilf mir!", und er ruft es dem Arzt, dem Therapeuten in der Sprache zu, die dieser versteht. Sein Zeichen ist an das Du gerichtet, er ist der bedürftige Mensch.
Vielleicht offenbart sich an dieser Stelle bereits eine sehr rudimentäre Definition von Gesundheit: sich seiner selbst und seiner Bedürfnisse bewusst sein und diesem Sein Ausdruck zu verleihen. Denn in den Fällen, wo einer oder gar beide Aspekte gestört sind, Wahrnehmung und/oder Ausdruck, ist der Mensch unweigerlich krank.
Klagen, die jedoch niemanden erreichen, sind sinnlos. Vielleicht hört der in seiner Bedürftigkeit nicht wahrgenommene Mensch irgendwann auf, Zeichen zu geben. Vielleicht wird sein unerhörtes Zeichen auch manifest, verdichtet sich zur empirisch messbaren Krankheit, und es ist die Krankheit selbst, die zum Zeichen wird.(39)
Vielleicht rettet er sich aber auch und heilt sich selbst aus eigener Kraft. Und wird zu einem, der Zeichen gibt, ohne den Empfänger im Blick zu haben: zu einem freien Menschen. Zum Künstler.(40)
4.1.3 Fazit: intransitive Äußerung
Der Zeichen setzende Mensch kann sich mit seinem Zeichen an ein Du wenden. Aber er kann auch ein Zeichen setzen, das Ausdruck seines Inneren ist und das sich zugleich ausschließlich an ihn selbst, sein Selbst, richtet. Diese Form des Ausdrucks, ein Ausdruck, der sich an kein Objekt, kein Du richtet, der keinen Arzt um Hilfe ruft – kurz: Intransitivität –, soll Bestimmungskriterium heilsamer Kunst sein.
4.2 Wahrnehmen und Ausdrücken: präzise Erkenntnis
Die Antworten auf die Frage, was Kunst denn nun sei, füllen Bibliotheken und in den Feuilletons ist man sich in schöner Regelmäßigkeit sicher, dass sie in einer Krise steckt. Viel von der Sinnkrise der Kunst hat damit zu tun, dass sie sich auf dem Markt behaupten muss, sich also an ein Du richtet, das sie bewertet, honoriert, manipuliert.
Wenn wir einen Schritt zurücktreten, den Markt verlassen und uns zurück an die Produktionsstätten von Kunst begeben, ins Atelier, in den Probenraum, das wertende Du also aussperren, dann kehrt Kunst zurück in ihre Ursprünglichkeit: zur vom Du unabhängigen Expression dessen, was da im eigenen Inneren ist.(41)
4.2.1 Kunst als Ausdruck von Erkenntnis
Um zu verstehen, was Kunst ist, sind die Überlegungen von Benedetto Croce hilfreich, für den Erkenntnis Empfindungen sind, die ausgedrückt werden können:
"Praktisch fallen sie [Erkenntnis und Ausdruck] zusammen, denn die Erkenntnis ereignet sich im Ausdruck: erst in dem Augenblick der Ausdrucksfindung wird auch die Erkenntnis erlangt, so daß man vom Fehlen des Ausdrucks mit absoluter Sicherheit auch auf das Fehlen der Erkenntnis schließen kann."(42)
Demzufolge ist jeder menschliche Ausdruck für Croce Kunst; was den professionellen Künstler jedoch vom gewöhnlichen Menschen unterscheidet, ist die Tiefe seines Empfindungs- und Ausdrucksvermögens, das den üblichen Rahmen insofern überschreitet, als es in Bereiche vordringt, die jenseits der unmittelbaren, persönlichen Belange liegen.(43) Psychologisch gewendet könnte man sagen: jeder Mensch kann Zugang zu seinem Selbst finden und ihm Ausdruck geben; der professionelle Künstler jedoch begnügt sich nicht mit der Grenze des eigenen Selbst und ist fähig und willens, diese zu überschreiten.
4.2.2 Präzision als Qualitätskriterium
Ist also nun jeder Zeichen setzende Mensch ein Künstler, so wie Beuys das behauptete? Croce stimmt dem in Teilen zu, wie Beuys erweitert er den Kunstbegriff: "[E]igentlich [ist] alles, was der Mensch hervorbringt, Kunst, sofern es nämlich Ausdruck seiner geistigen Tätigkeit ist. Alle Kunst ist Ausdruck und aller Ausdruck Kunst."(44) Indem Croce die Kunst als eine von allen nachvollziehbare Erkenntnistätigkeit definiert, spricht er ihr jede elitäre Stellung ab.(45)
Ist also jeder Mensch gleichermaßen ein Künstler? Ja – und Nein. Jeder Mensch hat qua Menschsein die grundsätzliche Fähigkeit, sich auszudrücken, und damit auch, seinem Selbst in künstlerischer Form Ausdruck zu verleihen. Inwieweit er dies tatsächlich tut, bleibt offen und ergibt eine individuelle Positionierung auf dem Kontinuum von Ausdruck und Verstummen. Dennoch definiert Croce ein Qualitätskriterium, das für alle Menschen gleichermaßen gilt. Es lautet: "etwas präzise zu erfassen und auszudrücken."(46)
4.2.3 Fazit: präzise Erkenntnis
Menschliche Erkenntnis zeigt sich in der Qualität ihres Ausdrucks. Und jeder menschliche Ausdruck, der das Resultat einer geistigen Tätigkeit ist, ist Kunst. Das Qualitätskriterium, das die Zielrichtung heilsamer Kunst bestimmen soll, lautet daher: Präzision in Wahrnehmung und Ausdruck und damit Präzision in der Erkenntnis.(47)
4.3 Die Geschichte hinter dem Symptom: die Rolle des Beobachters
Eines der augenfälligsten Merkmale der Schulmedizin ist, dass sie den Menschen auf seine Körperlichkeit reduziert und ihn nahezu ausschließlich auf dieser Ebene behandelt.
"Es ist eine erstaunliche, aber nicht zu leugnende Tatsache, daß die gegenwärtige Medizin eine eigene Lehre vom kranken Menschen nicht besitzt. Sie lehrt Erscheinungen des Krankseins, Unterscheidung von Ursachen, Folgen, Heilmitteln der Krankheiten, aber sie lehrt nicht den kranken Menschen."(48)
Und weiter:
"Ein zweiter Punkt, an dem jener Mangel klar wird, tritt nun eben bei der Betonung: kranker Mensch ins Licht. Denn für die pathologische Wissenschaft hat dieser Mensch nur Spezifität gegenüber dem Tier, gegenüber dem Lebendigen, gegenüber der Natur überhaupt: er ist Objekt unter Objekten."(49)
Aber der Mensch – gerade auch der leidende Mensch – ist mehr als sein Körper. Wenn er zum Arzt kommt und diesen um Hilfe bittet, bittet er als ganzer Mensch. Doch der schulmedizinisch arbeitende Arzt wendet sich für gewöhnlich nur dem Körper zu.
4.3.1 Die Geschichte hinter dem Symptom: aus schulmedizinischer Sicht
In einer Krankengeschichte, in der es um einen unter Leibschmerzen leidenden Bauern geht, wird das tatsächliche Anliegen des Kranken folgendermaßen beschrieben:
"Der Doktor muß den Namen dafür finden; nur muß es der rechte sein. Wo ein Ding den rechten Namen noch nicht gefunden hat, da irrt es durch die Welt, ruhelos, bis es ihn findet. [...] Daher war der Drang zu wissen stärker als der nach Arznei oder Messer."(50)
Krankheit und Leiden sind also mehr als eine Not an sich, Kranksein hat auch mit dem Abgeschnittensein von Wahrheit oder Erkenntnis zu tun.(51) Eine Behandlung durch schulmedizinische Arzneimittel allein kann diese Kluft nicht überwinden(52); in der oben erwähnten Geschichte schreitet die Krankheit des Bauern während der schulmedizinischen Behandlung trotz temporärer Phasen der Linderung weiter fort, die Wissenskluft vertieft sich.(53)
"Wir müssen so leise, wartend, aufnehmend, hinnehmend an ihn [den Kranken] herantreten, wie sonst kein Beruf es von uns fordern würde, und wir müssen in einem noch viel eminenteren Sinne, als irgendeine Wissenschaft dies jemals tun könnte, uns erfahrend, empirisch verhalten."(54), schreibt Weizsäcker in seiner abschließenden Analyse des Falles. Kranker und Arzt müssen zu Weggenossen werden(55), "die Grenze der Medizin soll so verlegt werden, daß sie auch noch das Gebiet der eigentlichen Krankengeschichte umfasst"(56), denn "es genügt nicht, die ärztliche Aufgabe negativ als Bekämpfung der Krankheiten zu umschreiben."(57): "Krankheit ist [...] Anerbietung eines Wissens um die Wahrheit."(58)
Die Realität medizinischen Handelns heute sieht jedoch anders aus:
"Die Handlungskrise der Medizin manifestiert sich in einer zunehmenden Einschränkung der Freiheit des ärztlichen Handelns, aber auch in einer zunehmenden Unfähigkeit dazu. Gab es beispielsweise früher noch den großen ärztlichen oder klinischen Diagnostiker, der einfach aus seiner ganzen beruflichen, praktischen Erfahrung mit großer Sicherheit und Zuverlässigkeit [...] Diagnosen stellte [...], wird man bei dem heutigen Arzt im Wesentlichen den 'Sammler diagnostischer Daten' finden"(59)
Das Dilemma des behandelnden Arztes besteht also darin, dass er einerseits den kranken Menschen heilen soll, er dies aber ausschließlich mit den Mitteln tun darf, die ihm die wissenschaftliche Medizin zur Verfügung stellt.(60)
4.3.2 Die Geschichte hinter dem Symptom: ein Perspektivwechsel
Die Entschlüsselung der Geschichte hinter dem Symptom, die im vorgenannten Beispiel eingefordert wird, können Ärzte nicht leisten, zumindest mit keinem der Werkzeuge, die ihnen ihre Wissenschaft zur Hand gibt. Ihr Selbstverständnis als Ärzte ist ohnehin eher von aktivem, transitivem, auf ein klar definiertes Objekt gerichtetes Tätigsein im Sinne eines to cure geprägt; die passive, dienende, horchende Rolle des Wegbegleiters findet heute am ehesten noch in den immer feineren technischen Diagnoseapparaturen ihren Ausdruck, die bei der Entschlüsselung der Geschichte hinter dem Symptom jedoch wenig hilfreich sind.
Wer hält überhaupt den Schlüssel zur Geschichte hinter dem Symptom in Händen? Wenn dem Arzt nur die passive, dienende, horchende Rolle zukommen soll – wer muss sich dann aktiv des Schlüssels bemächtigen? In seinen Überlegungen zum psychotherapeutischen Prozess kommt Rogers zu dem Schuss "daß der Klient derjenige ist, der weiß, wo der Schuh drückt, welche Richtung einzuschlagen, welche Probleme entscheidend, welche Erfahrungen tief begraben gewesen sind. Langsam merkte ich, daß [...] ich besser daran täte, mich auf den Klienten zu verlassen, was die Richtung des Prozeßablaufs anging."(65b)
Es ist also der Patient/Klient der den Schlüssel zur Geschichte hinter dem Symptom kennt – auch wenn sich dieses Wissen seinem Bewusstsein vorübergehend entzogen haben mag. heilsame Kunst sollte daher ein Weg zu Wahrheit sein, in deren Ausdruck sich solches Wissen als präzise Erkenntnis enthüllt.
4.3.3 Der Beobachter bestimmt den Ausgang des Experiments
Wenn also der Patient selbst den Schlüssel zur Geschichte hinter dem Symptom kennt – wozu braucht er dann überhaupt einen therapeutischen Begleiter? Der Patient könnte den Weg der heilsamen Kunst vollkommen alleine beschreiten: indem er sich eigener Empfindungen gewahr wird, ihnen ohne Rücksicht auf einen möglichen Rezipienten präzisen Ausdruck verleiht und auf diese Weise nach dem Schlüssel fahndet, der ihm die Wahrheit enthüllt. Welchen Unterschied macht an dieser Stelle ein möglicher Begleiter/Beobachter?
Aus der Quantenphysik wissen wir, dass der Beobachter den Ausgang des Experiments maßgeblich mitbestimmt(61), und Weizsäcker deutet auch bereits an, in welcher Geisteshaltung der therapeutische Begleiter den Patienten/Klienten auf der Suche nach der Geschichte hinter dem Symptom unterstützen sollte: "leise, wartend, aufnehmend, hinnehmend [...], uns erfahrend, empirisch verhalten[d]"(62), lauter Beschreibungen, die mit dem üblichen, aktiven ärztlichen Handeln im Sinne eines to cure wenig gemein haben.
Rogers hat die Klienten-Therapeuten-Beziehung im Rahmen seiner Forschungen zur klientenzentrierten Psychotherapie sehr genau untersucht. Für diese, aber auch für alle weiteren Beziehungen – zu Studenten, Kollegen, Familie(63) – stellt er folgendes fest:
"Ich habe eine Hypothese formuliert, die mir mittlerweile einiges bedeutet[. ...] Ich habe angedeutet, daß die uns zur Verfügung stehenden Forschungsergebnisse diese Hypothese stützen[. ...] Wenn ich eine Beziehung herstellen kann, die auf meiner Seite so charakterisiert ist: Authentizität und Transparenz, ich zeige mich mit meinen wirklichen Gefühlen; warmes Akzeptieren und Schätzen des anderen als eigenständiges Individuum; Einfühlung, die Fähigkeit, den anderen und seine Welt mit seinen Augen zu sehen; dann wird der andere in dieser Beziehung: Aspekte seines Selbst, die er bislang unterdrückt hat, erfahren und verstehen; finden, daß er stärker integriert ist und eher in der Lage sein, effektiv zu agieren; [...] angemessener und leichter mit den Problemen des Lebens fertig werden können."(64)
Aus der Sicht des Klienten beschreibt er diesen Umstand wie folgt:
"daß der Klient die Erfahrung macht, ohne Abstrich anerkannt zu sein[, ...] gleichgültig welche Gefühle er hat [...], wie er sich ausdrückt[, ...] wie er sich im jeweiligen Moment einschätzt[...:] der Klient spürt, daß er vom Therapeuten psychologisch anerkannt wird, gerade so, wie er ist. Dieser Ausdruck schließt den Begriff des empathischen Verstanden-Seins und den Begriff der Akzeptierung ein."(65)
Was Rogers hier ausdrückt, sein Fazit aus vielen Jahren der Tätigkeit als Therapeut und Wissenschaftler, ist, dass vor allem die Haltung des Therapeuten – und eben nicht irgendeine Art von therapeutischer Intervention – bewirkt, dass beim Klienten eine Entwicklung in Gang kommt. Dafür muss die Haltung des Therapeuten geprägt sein von Authentizität, Akzeptieren und Einfühlung.
4.3.4 Fazit: Der Beobachter als Katalysator
Es ist der Patient, der den Schlüssel zur Geschichte hinter dem Symptom kennt, und es steht ihm frei, sich alleine auf die Suche zu begeben. Aber er kann sich auf dem Weg der heilsamen Kunst auch begleiten lassen. Nicht, damit dieser Begleiter die Arbeit an seiner Stelle tut und den Schlüssel entdeckt. Sondern weil der Begleiter, wie ein Katalysator, durch eine anerkennend zugewandte, nicht-wertende Haltung die Suche des Patienten zu unterstützen vermag.
5 heilsame Kunst – konkrete Ansätze
Im vorangegangenen Abschnitt haben wir drei Leitkriterien entwickelt, um heilsame Kunst zu charakterisieren:
- intransitive Äußerung: Der im Sinne der heilsamen Kunst Zeichen setzende Mensch richtet sich in seinem Ausdruck ausschließlich an sich selbst, nicht an ein wie auch immer geartetes Gegenüber.
- präzise Erkenntnis: Die Zielrichtung des Prozesses im Sinne einer heilsamen Kunst lautet Präzision in Wahrnehmung und Ausdruck und damit Präzision in der Erkenntnis.
- der Beobachter als Katalysator: Der Begleiter auf dem Weg der heilsamen Kunst wirkt ausschließlich durch seine anerkennend zugewandte, nicht-wertende Haltung.
Im letzten Abschnitt dieser Arbeit nun soll untersucht werden, inwieweit die vorgenannten Kriterien, die in allen künstlerischen Sparten Anwendung finden können, in einer existierenden Praktik bereits realisiert sind.
5.1 Der Malort (Closlieu) nach Arno Stern
Arno Stern begann seine Untersuchungen in den 1940er Jahren in einem Heim für Kriegswaisen. Er wollte einen Ort schaffen, an dem Kinder und Erwachsene ihr Innerstes abgesondert von der Öffentlichkeit künstlerisch realisieren können: der Malort entstand. Heute existieren zahlreiche Malorte mit von Stern ausgebildeten Malort-Dienern.(66) (67)
Das Ziel der nachfolgenden Abschnitte ist weniger die umfassende Darstellung von Sterns Konzept, sondern vielmehr eine knappe Analyse, inwieweit Sterns Malort den vorgenannten Kriterien für heilsame Kunst entspricht.
5.1.1 Intransitive Äußerung als Bestimmungskriterium fürheilsame Kunst
Der im Sinne derheilsamen Kunst Zeichen setzende Mensch richtet sich in seinem Ausdruck ausschließlich an sich selbst, nicht an ein wie auch immer geartetes Gegenüber.
In altersgemischten Gruppen wird am Malort nicht Kunst im herkömmlichen Sinn produziert, da diese sich in Sterns Verständnis immer an den Erwartungen eines Empfängers ausrichtet, was zu einer Verfremdung des Ausdrucks führt. Stattdessen soll die nicht für fremde Augen bestimmte Formulation ausfließen, eine Spur, die nicht einmal vom Urheber selbst aufgenommen wird. Stern distanziert sich ausdrücklich von jedem kunsttherapeutischen – in Sterns Verständnis ebenfalls an einem Gegenüber ausgerichteten – Zweck. Während der Sitzungen darf gesprochen werden, allerdings nicht über die entstehenden bzw. entstandenen Bilder; alle Bilder verbleiben am Malort und werden dort archiviert; es finden keine Ausstellungen statt.(68)
5.1.2 Präzise Erkenntnis als Bestimmungskriterium für heilsame Kunst
Die Zielrichtung eines Prozesses im Sinne einerheilsamen Kunst lautet Präzision in Wahrnehmung und Ausdruck und damit Präzision in der Erkenntnis.
In seiner Theorie der Formulation geht Stern von einer zeichnerischen Ursprache aus, die Ausdruck der sprachlosen Erfahrung im Mutterleib ist. In einer Haltung von entspanntem Ernst, in widerstandsloser, prä-reflexiver Hingabe sollen die Teilnehmer dieser Spur nachspüren, die organische Erinnerung ausfließen lassen und sie dabei in einer wie auch immer gearteten bildnerischen Äußerung möglichst klar fassen.
5.1.3 Der Beobachter als Katalysator als Bestimmungskriterium fürheilsame Kunst
Der Begleiter auf dem Weg derheilsamen Kunst wirkt ausschließlich durch seine anerkennend zugewandte, nicht-wertende Haltung.
Von besonderer Bedeutung ist für Stern die Rolle des Malort-Dieners, für den er eine Ausbildung offeriert, die Grundlage der Lizenzierung weiterer Malorte ist. Die Rolle umfasst die Einhaltung von Regeln und Ritualen des Malortes: die Räumlichkeit betreffende formale Regeln; Kommunikationsregeln (kein Wundern, kein Werten, kein Deuten; kein Messen; keine Belehrung); Archivierung; dienende (technische) Unterstützung des Malprozesses. Diese Regeln und Rituale sollen das Malspiel, den Prozess der absichtslosen Malerei, ermöglichen.
5.1.4 Fazit
Die Art und Weise, wie am Malort gearbeitet wird, erfüllt die weiter oben entwickelten Leitkriterien für heilsame Kunst in hohem Maße.
6 Abschließende Betrachtung
Ziel der vorliegenden Arbeit war, Leitkriterien für heilsame Kunst im therapeutischen Kontext zu finden und näher zu bestimmen. Die jeweilige Begründung der Kriterien erfolgte auf ganz unterschiedliche Weise:
Pathogenetisch, also aus den Defiziten einer Schulmedizin heraus: Diese zerlegt das Individuum in standardisierte Einzelobjekte ihrer Betrachtung, vernachlässigt über dem to curedas to heal und ersetzt den mitfühlenden, sprechenden Arzt Stück um Stück durch Apparate.
Salutogenetisch, weil heilsame Kunst einen überschaubaren Bereich von subjektiver Wichtigkeit schafft: Hier wird das wie auch immer geartete Problem des Patienten in der künstlerischen, nach präziser Erkenntnis strebenden Bearbeitung handhabbar.
Urmenschlich, weil es nämlich auch noch eine dritte Möglichkeit gibt, heilsame Kunst zu betrachten. Eine, die so allgemein ist, dass man sie fast aus dem Blick verliert: Da fühlt sich einer ein, überwindet die eigene Ich-Grenze, schaut mitfühlend auf das erkrankte Du, schweigt(69) und unterstützt diesen kranken Menschen mit seiner Anteilnahme: der Wegbegleiter.
Da gibt es noch ein anderes Wort dafür, für das, was der tut. Ein einfaches Wort, eines, das einem normalerweise in diesem Kontext gar nicht in den Sinn käme, das aber genau trifft, was da geschieht:
Liebe.