My language is vibrant color and line.

Kunst und Geld

Kann man von Kunst leben? Ich kann es nicht. Mache ich also etwas falsch? Nein, ich glaube nicht. Ich bin ziemlich fit, auch als Unternehmerin. Aber ich sehe Kunst als Ausdruck, als mein intimes Zwiegespräch mit mir selbst, und verweigere mich dem Publikumsgeschmack.

Natürlich ist diese Situation frustrierend, zumal in unserer Gesellschaft "Erfolg" gleichbedeutend mit "finanziellem Erfolg" ist. Natürlich gibt es auch Künstler, die von ihrer Tätigkeit leben können, was mich speziell dieses Jahr immer wieder dazu brachte, mich selbst zu fragen, ob ich denn nun nicht doch etwas falsch mache...

Kunst und Geld I: Annäherungen

Ich mache freie Kunst (1) - und stehe damit in der Tradition all jener Künstler, die sich in der Vergangenheit von ihren direkten Auftraggebern verabschiedet haben. Interessanterweise kriechen heute aber viele wieder in die warme Nische der "Nützlichkeit" zurück, indem sie als Auftragsmaler wirken, Kunstschulen betreiben oder - ganz neu - Mainstream-Projekte entwickeln, und dafür Fördergelder bekommen.

Kunstförderung und Kultursponsoring

Speziell die Möglichkeiten mit öffentlicher und privater Kunstförderung sind verführerisch und es fängt oft schon mit Ausstellungsausschreibungen an: da ist ein Thema vorgegeben, ein gesamtgesellschaftlich relevanter (bzw. dem Auslober entgegenkommender) Zusammenhang, und in diese Fragestellung hinein ist man aufgerufen eine Kunstwerk zu produzieren.

Klar, das kann ich auch. Es ist so ähnlich wie in der Schule, als man in Deutsch einen Aufsatz runterleiert, hinter dessen Thesen man zwar nicht stand, von denen man aber wusste, dass sie genau das aussagen, was erwartet wird. Was dem Schüler der "Einser", ist dem späteren Künstler sozusagen der "Förderpreis".

Während das in der Schule bei mir noch gut klappte, schaffe ich es als Künstlerin heute immer weniger. Ich bin Künstlerin geworden, weil ich genau diese absolute Freiheit haben möchte, den weißen Bogen Papier, den ich ganz nach meinen Vorstellungen gestalten kann - und nicht in Rücksichtnahme auf Drittinteressen.

Oft steht bei manchen Projekten ohnehin der organisatorische Aufwand in keinem Verhältnis zur künstlerischen Handlung: während das Kunstwerk in wenigen Nachmittagen erarbeitet ist, fressen Anträge, Sponsorensuche, Projektentwicklung etc. Wochen und Monate. Fällt nur mir diese Diskrepanz auf? Manchmal glaube ich fast... an des Kaisers neue Kleider...

Dennoch bauen manche KollegInnen darauf ihre Existenz: Fördertöpfe anbohren (O-Ton). Trotzdem: wer genau rechnet, was in so einen Förderantrag samt entsprechender Nacharbeit bei Projektende an Arbeitsstunden steckt, kommt schnell auf einen Durchschnittsverdienst der weit unter Mindestlohnniveau liegt. Also ist dieser Weg - so oder so -keine Alternativefür mich. Zumal ich nicht mit Kunst angefangen habe, um mich mit Themen zu beschäftigen, die zwar angesagt sind, mich aber nur peripher interessieren.

Kunst und Geld II: Abstoßungen

"Ich möchte nicht dem Kunden ein Bild malen, sondern der Kunde sollte wenn möglich meine Kunst kaufen."
(aus einem Webforum)

Eine interessante Frage: welcher Künstler würde seine (künstlerische) Aussage weiterhin machen, auch wenn er/sie Strafe dafür riskierte? Oder anders ausgedrückt: was hat er/sie der Welt eigentlich zu sagen - und wie wichtig ist ihm/ihr diese Aussage?

Ich glaube, da würde plötzlich ganz schön viel "Kunst" flachfallen. Niemand riskiert seinen Hals für heiße Luft. Die einzige Aufrichtigkeitsprüfung, die es heute (im Vergleich z. B. zum Arbeitsverbot wegen "Entartung" während dem Nazi-Regimes) gibt, ist Deprivation von Lob und Geld. Vielleicht ist das heute tatsächlich der letzte Wahrhaftigkeitstest, der uns bleibt: macht jemand weiterhin seine (künstlerische) Aussage, auch wenn er/sie dafür - möglicherweise bis zum Ableben - ignoriert wird?

Kunst und Geld III: Klarheiten

Kunst ist: etwas zu sagen haben. Kunst ist: etwas zu sagen. Die uralte Diskussion aus der Cafeteria der Art Students League fällt mir wieder ein. Was denn jetzt das "Problem" bei einem Bild sei: es zu malen - oder aber es zu verkaufen? Meine Antwort damals (1994): "Es zu malen!" Und die Begründung: "Denn sonst wäre das einzige Problem, das ein Hirnchirurg hätte, ja auch Patienten zu finden - und nicht der Job an sich."

Noch etwas ist mir mittlerweile klar geworden: wenn ich meine Kunst nun schon eigenständig entwickle und ohne Hilfe von außen selbst finanziere - also wirklich freie Kunst (1) mache - dann kann ich zumindest meine Bilder (als ihre einzige dinghafte Ausprägung - denn eigentlich ist "Kunst" per se für mich: immateriell) der Öffentlichkeit nicht auch noch kostenfrei (oder noch schlimmer: auf meine Kosten) zur Verfügung stellen. Ich bin Künstlerin und keine Kultursponsorin.

Insofern male ich meine Bilder momentan direkt fürs Lager bzw. für Kunden, die sie mieten oder kaufen. Ausstellungen machen ist sehr schön, bedeutet aber immensen Aufwand und häufig auch hohe Kosten. Leider generiert es kaum noch Einkommen (s. auch).

Kunst an sich ist zwar kein Luxus - künstlerische Selbstinszenierung in Form von Ausstellungen jedoch schon :-)

My language is vibrant color and line. by Karin Ulrike Soika
| www.soika.com | Legal Notice | Privacy Notice | Impressum | Datenschutz
All contents of this site, unless otherwise noted, are © Karin Ulrike Soika. All rights reserved.