Hommage
Wird nach den Quellen der Inspiration in der Kunst gefragt, erhält man ebenso viele Antworten wie es Künstler gibt. Das Leben in seiner Vielfalt liefert den Stoff.
Die Inspiration, die ein Künstler empfangen hat, gibt er in einem
guten Kunstwerk als Geschenk dauerhaft an den Betrachter weiter. Der Brecht´sche
Gedanke, alle Kunst führe letztlich zur endgültigen der Lebenskunst
(ars vitae) drängt sich auf.
Dass es zum Rezipienten spricht, verdankt das Kunstwerk dem gemeinsamen Erfahrungshorizont,
den alle Menschen teilen, weil er fest im Alltag verankert ist. In der Dialektik
zwischen dargestellter Welt und subjektiver Interpretation des Stoffes durch
den Künstlers entfaltet sich das Werk. Welterkenntnis und künstlerisches
Bekennen durchdringen sich darin unzertrennlich, das Kunstwerk als weltliches
Artefakt und mentales Konstrukt zugleich wird dadurch lebendig. Der Künstler
hat seinem Werk Leben eingehaucht (inspirare). Für diese Einsicht spricht
auch der Gedanke Goethes, nicht eigentlich der Künstler sei Schöpfer
der Kunst, sondern letztlich die ganze Menschheit, für die er spräche,
weil sie ihn inspiriere.
Eine Hommage eines Künstlers an einem anderen wird so zu einer Hommage an den Menschen schlechthin, trotz aller darin enthaltenen Subjektivität.
Stefan Schmid, München