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Das Ende der Jagd - Zeugnis

Der Wolf.
Das flüchtende Reh.
Der Atem des Wolfs.
Die brechenden Augen des Rehs,
wenn er sich über sie beugt.

Die leichten, weiten Sprünge des Rehs.
Die dumpfen Sätze, kraftvoll, weitausholend.
Mächtig.

Macht versus Leichtigkeit.
Blumenwiesen.
Durch das Unterholz. Brechend, hindurch, hindurch.

Zerkratzt sein Gesicht.
Spürt nicht den Schmerz.
Alle Sinne bei der Jagd.
Treibjagd, Todesjagd.
Todesnacht.
Heute siegt die Nacht über den TAG.

Die brechenden Beine,
die schönen, zierlichen Beine,
die das Gras kennen, die Wiesen,
leicht, durchpflügend, ohne SPUR.

Er, der er ihre Spur fand.
Die Unachtsamkeit.
Ihr Verhängnis.

Und die Jagd ist in seinem Holz.
Seinem Wald, dunkelnd, grün,
Smaragden.
Stillstehend.
Gefährlich.

Die Faszination der Gefahr.
Die Schönheit des Todes.
Das Sehnen, das Sehnen.

Sein Reich: das Reich des Todes.
Und sie: sich hineinwagend,
fest in dem Glauben des Lichts,
Des Lichts ihrer Augen,
stärker als sein Dunkel.

Und er sieht in ihre Augen,
für einen Blick.

Die kühne Lockung.
Der Wagemut.
Todesmut.

Zuckt zurück.
Flüchtet.
Wendet den Blick,
rennt, heim, in ihr Licht.
In ihr Reich.

Doch sein Blick
steckt wie ein Pfeil in ihrem Fleisch
trübt ihren Blick,
trübt ihre Gewißheit
ob der Richtung.Und so zwingt er sie in sein
Reich,
zu flüchten auf einem Boden,
der ihr fremd ist,
widerstrebend, ihre Sprünge hindernd.

Seinem Reich,
wo jeder Schritt der seine ist.
Und er längst weiss,
dass sie rennt, und rennt,
bis sie
bricht.

In seinen Armen.

Wenn er sich über sie beugt,
Seine Zähne in ihrem Fleisch,
in ihrem Hals,
noch atmend,
und er beißt,
noch zuckend,
und bäumend,
unter seinem Gewicht.
doch der Sieg ist längst
der seine.

Das Ende der Jagd.
Ihre Blut auf seinem Schnee.
Seinem Eis.
Ihr warmes, pulsendes Blut.

DAS ENDE DER JAGD.
WAS BLEIBT IST: ROTGEFÄRBTER SCHNEE.
ZEUGNIS.

(Drei Bilder in Öl, New York, 1994)

Doch was hat Dich meiner erinnert...

I

Warum macht mich,
Geliebter,
der Gedanke an ein Leben
mit Dir
so traurig?

Schneekalte Erde,
die karge Suppe,
das Kind
an meiner Brust.

Die harte Arbeit,
die Kälte,
die Armut.
Doch Du bist bei mir
in der Nacht.

Dann gingst Du fort,
Arbeit suchend,
und kehrtest nie wieder
zurück.

II

Als Du mich fandest, hatten bereits alle
Abschied genommen,
den Segen gegeben,
mir,
die ich darnieder
lag.

Im Fieber
glühend,
hatte ich sehnlichst erwartet
Deine Rückkehr,
doch vergebens.

So schlug ich das Kreuz
und gab mich hin dem,
der mich zog
in die andere Welt.

Und im Schwinden
fandest Du mich
traf Dein Blick
meine brechenden Augen
zu spät.

III

Was hast Du getan, mein Geliebter,
all die Tage,
die Nächte,
fern mir?

Getrunken mit Freunden,
und mit Mädchen die Nächte
in warmen Stuben verbracht?

Die Zeit und
das Alte vergessen,
die Mühsal
und mich?

Doch was hat Dich
meiner erinnert
und rückkehren
gemacht?

Mein Gruß zum Abschied,
mein brechender Blick,
unser gemeinsames
Bild?

Sag es mir.
Ich will Deine Stimme
ein letztes Mal
hören.

(18.01.91)

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